Im Jahr 2023 hat sich die Situation der Krankenhäuser in Deutschland verschärft, zurückgehende Fallzahlen, steigende Energiekosten und Inflation lassen die Kostenschere immer weiter auseinanderklaffen. Ohne eine zeitnahe Einigung beim KHVVG droht etwa 25% der Krankenhäuser in Deutschland die Insolvenz und viele weitere befinden sich in prekärer Lage.
Ein Teil der angestrebten Lösung ist das von der AKG eingebrachte Versorgungsstufenmodell, welches Gegenstand des ersten Gesprächs mit Nils Dehne war und jetzt auf Bundesebene eingeführt wird.
Welche Kernpunkte der Krankenhausreform stehen schon fest?
Die Ziele der Reform – Entbürokratisierung, Entökonomisierung, steigende Behandlungsqualität und Gewährleistung der Versorgungssicherheit – sind ambitioniert.
Im vergangenen Sommer haben sich Bund und Länder auf die bundeseinheitliche Einführung von Versorgungsstufen (Level) und Leistungsgruppen, sowie die Abkehr vom aDRG-Abrechnungsprinzip hin zu einem Hybridsystem geeinigt, bei dem die neue Vorhaltepauschale im Vordergrund steht.
Für einen zentralen Punkt konnte bisher noch kein Konsens erreicht werden: das Krankenhaustransparenzregister, ein besonderes Anliegen des Gesundheitsministeriums, sollte ursprünglich schon im zweiten Quartal 2024 angelegt werden. Die neue Transparenz würde es Patient:innen ermöglichen beispielsweise Genesungs- und Komplikationsquoten für ihre jeweiligen Leiden auf einer interaktiven Karte einzusehen. In welcher Form dies geschieht ist derzeit ungeklärt, aber es ist ein zusätzlicher Ansporn für Versorger, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.
Die Ungewissheit in vielen Bereichen darf kein Hemmnis sein schon jetzt die Route für die nächsten sieben Jahre zu planen. Denn auch wenn das Gesetz nicht wie angestrebt zum 1.1.2024 in Kraft tritt, bleiben die geplanten Änderungen für die kommenden Jahre davon unberührt.
Wie stark und wie schnell werden die Reformen Wirkung zeigen?
Die Anpassungen sind tiefgreifend und es wird zu einigen Umwälzungen in der Krankenhauslandschaft kommen, von heute auf morgen wird dies nicht geschehen. Substanzielle Reformen wie diese werden zwangsläufig gestaffelt umgesetzt und einer der dringlichsten Punkte, die neue Vergütungsstruktur, wird frühestens 2027 zum Tragen kommen. Daher werden jetzt auch Rufe nach einer Zwischenfinanzierung für die vielen Häuser laut, die sich in kritischer Lage befinden.
Mit einer Zuordnung der Leistungsgruppen können die Länder allerdings schon 2024 beginnen, zum Beispiel auf Grundlage der Systematik in Nordrhein-Westfalen, während bundeseinheitliche Qualitätsstandards ausgehandelt werden. Bis Ende 2025 soll der Vorgang abgeschlossen sein, auf dessen Grundlage dann die Vorhaltepauschalen ausgezahlt werden.
Die Reform wird als lebendiger Prozess bis 2028 stufenweise ausgerollt, für 2029/30 ist eine Evaluation vorgesehen.
Möglichkeiten der Ausgestaltung für große und kleine Krankenhäuser
Bei vielen Akteur:innen hat das Umdenken schon begonnen, flexibles und proaktives Handeln ist das Gebot der Stunde.
In den Jahrzehnten seit der letzten großen Reform galt es gemeinhin als einfacher mehr Patient:innen zu finden, als die eigenen Prozesse zu optimieren – mit der Vergütungsreform weg von der reinen aDRG-Vergütung hin zur neuen Vorhaltepauschale ändert sich dieser Punkt grundlegend. Da nur noch etwa 40% der Vergütung abhängig von den Fallzahlen erbracht wird, stellt ein Mehr an Quantität in Form von Betten und Fachabteilungen keine Lösung mehr dar.
Eine komplette Neuausrichtung der Steuerungs- und Planungssystematik wird notwendig – angefangen bei einer Bestandausaufnahme der eigenen Kompetenzen unter Berücksichtigung der zukünftigen Anforderungen bis hin zu einer Reevaluation der gegenwärtigen KPIs. Um agil auf die Veränderungen reagieren zu können, sollten unterschiedliche Szenarien und ganzheitliche Strategien entwickelt werden.
Kooperation, Vernetzung und Digitalisierung treten in den Vordergrund
Ein Blick auf erfolgreiche Pionierprojekte in Nordrhein-Westfalen und Braunschweig, wo der Prozess schon weit fortgeschritten ist, zeigt die verstärkte Kooperationsbildung zwischen Gesundheitsversorgern mit verschiedenen Schwerpunkten. Für Große und Mittelgroße Krankenhäuser ist es daher möglicherweise angebracht eigens hierfür angelegte Koordinationsstellen zu etablieren.
Ermöglicht wird dies durch erfolgreiche Digitalisierung: sie minimiert den bürokratischen Aufwand und Patient:innen, Daten und Ressourcen können sich durch sie flexibel und flüssig zwischen den verschiedenen Einrichtungen bewegen.
Sicherlich richtig ist es die anstehende Reform als Chance aufzugreifen. Eine Fokussierung auf die Kernbereiche, verstärkte Kooperation und Vernetzung mit anderen Leistungsanbietenden in der Region sowie die Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung bieten Wege in eine tragfähige Zukunft.
Keywords: Gesundheitswesen, Impulsgeber, Prozessneudenker, zukunftsweisend, interdisziplinärer Austausch, digitale Transformation